Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Lilly Krka
Datum:
Dauer: 04:23 Minuten bisher gehört: 174
Schon von Weitem waren die Luftballons zu sehen, mit denen das Gebäude des Medizin-Hörsaals im Kreuzbergring am vergangenen Donnerstag geschmückt war. Die Veranstaltung der UMG-Klinikservice GmbH sollte gut auffindbar sein. Denn für die Wäscherei, die Reinigung und den Krankentransport der Uniklinik sollten mit einem ganz ungewöhnlichen Ansatz mehr Mitarbeitende gewonnen werden: Die Geschäftsleitung veranstaltete ein Speed-Dating, bei dem sich Interessierte und die Geschäftsführung ungezwungen kennenlernen konnten. Was geplant war und wie der Tag verlief, berichtet Lilly Krka.

Beim Speed-Dating der UMG Klinikservice GmbH (Bild: Lilly Krka)

Manuskript

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Seit der Corona-Pandemie klagen in vielen Branchen Firmen über Personalmangel. Um neue Mitarbeitende zu gewinnen, muss zu immer kreativeren Mitteln gegriffen werden. So auch bei der UMG Klinikservice GmbH. Sie kümmert sich um Reinigung, Wäscherei und Krankentransport im Uniklinikum Göttingen. Die Geschäftsführung hat sich dabei nun etwas Besonderes ausgedacht, um neue Mitarbeitende für sich zu gewinnen: Interessierte konnten an einer Art Speed-Dating mit dem Arbeitgeber teilnehmen. Warum sie sich für diesen Weg entschieden hat, erzählt Personalsachbearbeiter Frederik Nickel:

 

O-Ton 1, Frederik Nickel, 32 Sekunden

Wir versuchen alle Hebel in Bewegung zu setzen, um neue Mitarbeiter zu gewinnen und haben uns viele Sachen überlegt und Benefits, um uns auf dem Markt abzuheben. Und wichtig ist: Die Hemmschwelle der Mitarbeiter ist geringer, wenn man das im persönlichen Gespräch einfach locker laufen lässt, als dass man eine Bewerbung schreiben muss. Das ist immer eine Hemmschwelle, die wir einfach auch hiermit überwinden wollten. [So]dass wir möglichst viele Bewerber, die sich sonst nicht dafür entscheiden werden, weil sie den formellen Weg gehen müssten, auch mit erreichen wollen.“

 

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Auch durch die Bezahlung will sich die Klinikservice GmbH von der Konkurrenz abgrenzen und attraktiv sein. Gerade führt die Geschäftsleitung Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di, um den schon seit 2019 bestehenden Haustarif zu erneuern. Was das Ziel der Klinikservice GmbH in den Verhandlungen ist, erzählt Geschäftsführer Marcus Bühre:

 

O-Ton 2, Marcus Bühre, 30 Sekunden

Wir haben uns in der UMG-Klinikservice ja schon abgehoben von dem Gebäudereinigerhandwerk, indem wir 2018/19 einen Haustarif verhandelt haben und nichts anderes machen wir jetzt. Aber den Haustarif haben wir ja schon vor drei Jahren abgeschlossen. Das war eine lange Phase, wo wir uns da unterhalten und auch auseinandergesetzt haben; aber immer mit dem Ziel, dass wir uns abheben mit der [Klinikservice GmbH]. Wir bezahlen unseren Mitarbeitern mehr als den Gebäudereinigertarif und das soll auch so bleiben und mit dem Ziel gehen wir jetzt natürlich auch in diese Tarifverhandlungen wieder rein.“

 

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Verhandlungspartner ver.di ist da anderer Ansicht und konnte dieses Ziel in der ersten Runde der Verhandlungen noch nicht herauslesen. Die Gewerkschaft fordert von der Klinikservice GmbH, den Tarif der Länder zu übernehmen, erwartet jedoch keinen Erfolg dieser Forderung. Mindestens soll der Lohn um 20 Prozent gesteigert werden und mehrere Sonderzahlungen, sowie weitere Leistungen eingeführt werden. Gewerkschaftssekretär Thilo Jahn berichtet, wie er die Geschäftsleitung in den Gesprächen bisher erlebt hat:

 

O-Ton 3, Thilo Jahn, 28 Sekunden

Erreicht wurde erst einmal nur, dass [die Klinikservice GmbH] ein Angebot gemacht hat, das aus unserer Sicht völlig unzureichend ist. Der Tarifvertrag ist ja schon zu Ende Januar diesen Jahres gekündigt worden und für den gesamten Zeitraum dieses Jahres schlägt der Arbeitgeber nur eine Einmalzahlung von 300 Euro vor und dann für die nächsten Jahre jeweils vier Prozent Entgelterhöhung und das reicht ja nicht mal, um hier die Preissteigerungen auszugleichen.“

 

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Ungerechtigkeiten sieht Thilo Jahn vor allem in den unterschiedlichen Bezahlungen zwischen alteingesessenen und neuen Mitarbeitenden und zwischen den Angestellten der UMG selbst und denen der Klinikservice GmbH. Manche Mitarbeitende würden noch nach dem landesweiten Tarif bezahlt, während neu eingestellte nach den Konditionen des Haustarifs arbeiten müssen. Das würde insbesondere unter dem Personal für ein schlechtes Arbeitsklima sorgen. Nach welchen Bedingungen die Bewerber*innen in Folge des Speed-Datings bezahlt werden, wird sich in den nächsten Runden der Tarifverhandlungen herausstellen. Für den Bewerber*innentag habe es trotzdem viel positive Rückmeldung gegeben, sagt Edin Karić aus der Geschäftsleitung:

 

O-Ton 4, Edin Karić, 12 Sekunden

Wir haben uns als Arbeitgeber natürlich sehr über die vielen positiven Rückmeldungen aller interessierten Bewerber gefreut und aus diesem Grund könnten wir uns auch weitere Veranstaltungen in dieser Form vorstellen.“

 

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Nicht nur für die Bewerber*innen, auch gegen die Personalnot könnte das Speed-Dating trotz Kritik seitens ver.di an den Tarifverhandlungen vielversprechend gewesen sein. Wie viele potentielle, neue Mitarbeitende sie getroffen haben, erzählt Frederik Nickel:

 

O-Ton 5, Frederik Nickel, 9 Sekunden

Es sind über 30 Bewerber gewesen, die da waren und davon ist ein Großteil auch [so], dass wir sagen können, die laden wir zum Vorstellungsgespräch ein.“