David Bowies „Lazarus“ zum Spielzeitfinale am Deutschen Theater
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Tina Fibiger |
Datum: | |
Dauer: | 04:09 Minuten bisher gehört: 266 |
Manuskript
O-Ton 1, Einspieler „Lazarus“, 35 Sekunden
„Ich sah etwas aus der Dunkelheit aufsteigen. Eine Szene, an die ich seit Jahren nicht mehr gedacht habe - sie war mir einfach eingefallen, wie mir so viele Dinge einfach einfallen – in diesen Filmen. Es war früh am Morgen, ich saß daheim und Frau und Sohn und Tochter – es geschah nichts Besonderes – wir unterhielten uns nur über ich weiß nicht mehr was – aber ich war ein paar Augenblicke lang daheim, mit ihnen daheim. Es war irgendwie grausam.“
Text
Wie eine Schattengestalt kauert Volker Muthmann am Rand des Bühnenraums. Über eine dunkle Wand breitet sich ein Muster von Linien aus, das an Wellenbewegungen erinnert. Thomas Newton, der Mann der auf der Suche nach Wasser für seinen verdurstenden Heimatplaneten war, ist auch in der Inszenierung von Moritz Beichl von Wasser umgeben. In der nassen Bühnenlandschaft von Valentin Baumeister spiegelt sich Verzweiflung des gestrandeten Reisenden, der seinen Tod herbei sehnt aber nicht sterben kann. Ihn verfolgen die Gedankenbilder von früher mit den Lebensspuren, die er in Gin ersäuft. Mit der Musik setzt dann vorübergehend eine Verwandlung ein. Sie lässt an die Bühnenshow denken, wie sie David Bowie bis zuletzt kultiviere, auch in dieser Pose der Unnahbarkeit, die von einer glänzenden Fassade stilvoll ummantelt wurde.
O-Ton 2, Einspieler „Lazarus“, 14 Sekunden
„Das ist doch kein Leben für einen Mann wie dich – Lucky Charms futtern, sich von Gin und verfluchten Twinkies ernähren…sag nichts von der Vergangenheit. Sie ist fort. Jetzt ist jetzt. Siehst du Marie Lou ab und zu? Nur in Gedanken.“
Text
Als surreale Traumwelt erfährt dieser „Lazarus“ auch seine Umgebung und ihr gestörtes Miteinander. Wenn die inneren Stimmen gerade schweigen, begegnen sich erschöpfte Paare, die eine tiefe Kluft trennt und Partygangs in ihrer Lebensgier. Die Geister der Vergangenheit sind selbst als Fantasiegestalten immer wieder gegenwärtig und mit ihnen nicht nur die Gestalt eines schwarzen Engels, der sich von jedem Unheil und jeder Verletzlichkeit beflügelt fühlt Auch eine junge Frau erscheint auf der Wasser, die den Reisenden behutsam aus seiner Erstarrung löst, weil sie ihm einen Weg zurück zu den Sternen verspricht.
O-Ton 3, Einspieler „Lazarus“, 29Sekunden
„Erzähl mir etwas, das ich noch Niemandem verraten habe. Was denn, zum Beispiel? Eine schöne Erinnerung, die ich habe. Sie hatten eine Tochter in meinem Alter. Danke. Sie wussten, dass sie so enden würden, deshalb haben Sie Mary Lou gehen lassen. Sie müssen nicht länger hier bleiben, Mr. Newton. Wenn ich nicht mehr weiterkomme, musst du mir helfen. Was möchten Sie denn? Ich möchte zurück zu den Sternen. Dann werden wir dort hingehen.“
Text
Immer wieder senken sich glänzende Stoffbahnen herab, die in goldenes Licht getaucht werden und auch im Dunkel noch Funken sprühen, als ob an ihnen die Spuren ferner Sehnsuchtsplaneten haften. Oft werden Videoaufnahmen von den Gesichtern des Schauspielteams eingeblendet, die ineinander übergleiten und dann mit dem Portrait von Volker Muthmann wie zu einer Maske verschmelzen, während die Band den Sound von David Bowie leidenschaftlich rockig aufmischt. Auch die Aufnahmen der Musiker und ihre Instrumente beleben das Szenario, wenn das Schauspielteam die Songs in den Arrangements von Michael Frei wie Blitze aufleuchten lässt. So wie in den Songtexten mit ihren Assoziationsketten entfaltet sich auch das Bühnengeschehen, in dem die Bilder ein berührendes Eigenleben entwickeln und mit den musikalischen Echos wie zu einem Gedankenfilm verschmelzen.
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