Rezension: “Was man von hier aus sehen kann”
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Emma Seifert |
Datum: | |
Dauer: | 02:32 Minuten bisher gehört: 120 |
Manuskript
Text
„Das Okapi sieht vollkommen zusammenhangslos aus mit seinen Zebra-Unterschenkeln, seinen Tapirhüften, seinem giraffenhaft geformten rostroten Leib, seinen Rehaugen und Mausohren. Ein Okapi ist absolut unglaubwürdig, in der Wirklichkeit nicht weniger als in den unheilvollen Träumen einer Westerwälderin“. Die Rede ist von Selma, eine der Protagonist*innen im Roman von Mariana Leky. Selma hat eine besondere Gabe. Immer wenn sie von einem Okapi träumt, stirbt jemand in den nächsten 24 Stunden im Dorf. Wen es treffen wird, ist allerdings unklar. Zu Beginn des Buches hat sie wieder von einem Okapi geträumt. Diese Nachricht versetzt das gesamte Dorf in helle Aufregung. Jede und jeder denkt, es könnte sie oder ihn selbst treffen und so kommen kuriose Prozesse in Gang. Menschen wagen und gestehen Dinge oder lassen Gegenstände verschwinden.
Doch der Inhalt des Romans ist gar nicht unbedingt das, womit das Buch begeistert. Es ist vor allem Lekys Sprache, so voller faszinierendem Witz und scharfer Präzision. Die rhetorischen, unvorhersehbaren und herrlichen Überraschungen vergnügen das Gemüt. Der Hang zum Magischen und Märchenhaften, der Blick des Besonderen im Alltäglichen machen Marian Lekys Porträt eines Dorfes einzigartig. Mindestens genauso begeistern die mitunter etwas sonderbaren, aber durchweg sympathischen und liebenswürdigen Charaktere. Den Lesenden fällt es herrlich einfach sich mit den Figuren zu identifizieren.
Jetzt, wo die kalte Jahreszeit näher rückt, bietet das Buch eine wohlig warme Atmosphäre zum hinein versinken. Ein Roman, der vollkommen unaufgeregt daherkommt, dafür aber mit viel Tiefgang und dem Wort zwischen den Zeilen. Auch wenn es so gut wie unvorstellbar erscheint, dass diese Geschichte nicht allen zusagt, ist „Und was man von hier aus sehen kann“ ganz deutlich dem Genre des Romans zuzuordnen. Lesende, die auf spannende Thriller oder Krimis stehen, werden hier eher weniger auf ihre Kosten kommen. Außerdem könnten Bewohner*innen eines Dorfes das Buch als einen Angriff auf ihre Lebensweise deuten. So richtig „normal“ ist in der Geschichte nämlich keine Figur. Aber was ist schon normal und ganz ehrlich, würden sie ein Buch über ein ganz gewöhnliches Dorf lesen? Ich auch nicht.
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