Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Hendrik Teichgräber
Datum:
Dauer: 03:27 Minuten bisher gehört: 214
Mit seinem neusten Film greift Regisseur Sönke Wortmann ein weiteres Mal auf eine französisches Komödie zurück. Mit „Contra“ erschafft er ein deutsches Remake des französischen Films „Die brillante Mademoiselle Naila“. So übersetzt er die Geschichte einer jungen Frau, die sich an einer staatlichen Uni Rassismus ausgesetzt sieht, in einen deutschen Kontext. Wie Wortmann das gelingt, rezensiert Hendrik Teichgräber für Sie:

Manuskript

Text

Der erste Tag an der Universität verläuft für Naima anders als erwartet. Sie kommt zu spät zu ihrer Jura-Vorlesung bei Professor Pohl. Als sie in dem vollen Hörsaal keinen Sitzplatz findet, spricht sie Pohl vor den Augen der Studierenden direkt an. In der Auseinandersetzung wird Naima von dem gefühlskalten Professor rassistisch beleidigt und vorgeführt. Der Vorfall wird anschließend im Internet verbreitet und löst eine Diskussion um den sowieso schon unbeliebten Professor aus. Um seine Suspendierung zu umgehen, schlägt ihm der Universitätspräsident vor, die von ihm rassistisch angegangene Studierende für den deutschlandweiten Debattierwettbewerb vorzubereiten. Naima nimmt das Angebot von Pohl zunächst nicht an und kann sich nur widerwillig dazu durchringen, mit dem Professor zusammenzuarbeiten. Sie ahnt jedoch nicht, dass sie von Pohl nur für seine Selbstzwecke benutzt wird. Zur gleichen Zeit hat Naima außerdem mit privaten Problemen zu kämpfen. Sie entstammt einem sozialen Brennpunkt im Randbezirk Frankfurts. Darüber hinaus hat ihre Familie nur eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung, um in Deutschland zu leben. Die ungleiche Beziehung zwischen dem Professor und der jungen Studierenden entwickelt trotz allem positive Ergebnisse beim Debattierwettbewerb und bringt auch die beiden Hauptcharaktere näher zueinander.

Dass Alltagsrassismus in unserer Gesellschaft ein weit verbreitetes Phänomen ist, zeigt der Film eindrucksvoll auf. Beispielsweise gelingt es Naima aufgrund ihres arabischen Namens nicht, einen Praktikumsplatz in einer Kanzlei zu bekommen. Neben diesem strukturellen Rassismus stellt die Auseinandersetzung mit dem Professor außerdem auch noch die Ebene des individuellen Rassismus dar. Ebenso lässt der Film erkennen, dass nicht alle Studierenden die gleichen Chancen haben und damit soziale Herkunft eine Rolle in unserem Bildungssystem spielt. Ein Film im universitären Kontext ist neben US-amerikanischen Partyfilmen außerdem ein eher selten genutztes Setting und macht den Film damit besonders. Der deutliche Gegensatz zwischen dem privilegierten Hochschullehrer Pohl und der jungen Studierenden Naima wird auch durch die Schauspieler*innen unterstrichen: Christoph-Maria Herbst ist wie gemacht für die Rolle des zynischen Professors. Auch Nilam Farooq spielt überzeugend und stellt die junge Naima gelungen dar.

Kritisch zu sehen ist allerdings, dass sich der Film fast Szene für Szene an das französische Vorbild hält und damit etwas einfallslos erscheint. Ebenso könnte der Film detaillierter in der Handlung sein. Beispielsweise gibt es eine Szene, in der Naimas Bruder mit Wunden von einer Schlägerei nach Hause kommt. Im Weiteren ist diese Szene jedoch nicht weiter Bestandteil der Handlung und steht damit etwas verloren da. Dass sie außerdem im Debattierwettbewerb inhaltlich immer wieder mit ihrer Herkunft konfrontiert wird, erscheint etwas plakativ. Auch die rassistischen Einstellungen Pohls werden im weiteren Verlauf des Films nicht wirklich angesprochen und lediglich schwammig mit einem privaten Schicksalsschlag begründet. Schließlich mutet auch der Spruch Naimas „Man kann alles schaffen, wenn man es nur will“ zum Ende des Films an, als würde Rassismus durch den Willen der Betroffenen einfach beseitigt werden können. Somit spricht der Film das Problem von Rassismus zwar an, doch stellt er ihn folglich auch als irgendwie banal dar und vermittelt das Gefühl, es wäre alles nicht so schlimm.

Insgesamt ist dem Film jedoch kurzweilig zuzuschauen. Er bringt das Thema des gesellschaftlichen Rassismus in Deutschland auf die Leinwand und zeigt auch eine eher selten beleuchtete Seite des universitären Alltags auf. Dennoch hätte die Geschichte detaillierter umgesetzt werden können. So steht der Film eher in der Tradition typisch deutscher Kinokomödien.