Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Ann-Sophie Aue
Datum:
Dauer: 03:39 Minuten bisher gehört: 247
Immer wieder kommt es zu rechten Ausschreitungen. Vor allem die Geschehnisse in Chemnitz haben gezeigt, wie ernst die Lage ist. Doch die Augen zu verschließen hilft nicht. Die Menschen sollten sich einmischen und sich ihre Demokratie erkämpfen. Oft fehlt es dafür jedoch an Mut und Ideen. Das vierte AWO-Colloquium unter dem Motto „Toleranz und Solidarität gegen Hetze und Diskriminierung“ widmet sich diesem Thema und informiert Bürger über Handlungsmöglichkeiten vor Ort. Ann-Sophie Aue war mit dabei.

Auf dem Podium diskutierten (v.l.n.r.) der Geschäftsführer der AWO Michael Bonder, der wisssenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen Michael Lühmann, der Göttinger Polizeioberrat Jens Kozick, die Vorsitzende des Kreisverbandes der AWO Dagmar Freudenberg und der Referent im Landesdemokratiezentrum Niedersachsen Achim Bröhenhorst über "Toleranz und Solidarität gegen hetze und Diskriminierung". (Bild: Ann-Sophie Aue)

Manuskript

Text

In den letzten Jahren sind Diskriminierung und Hetze in den gesellschaftlichen Diskurs zurück gekehrt. Immer wieder ist es zu erschreckenden Ereignissen gekommen, die aufrütteln und Angst verbreiten. Die Zahl der Rechtspopulisten in Deutschland und anderen europäischen Ländern steigt an. Es kommt häufiger zu Ausschreitungen von Rechtsextremen und Rechtsradikalen. Um dem entgegenzuwirken, spielen die Begriffe Toleranz und Solidarität im Zusammenleben eine wichtige Rolle. Diese Werte sind nicht nur Leitsätze der Arbeiterwohlfahrt Göttingen, sondern bilden auch die Grundsteine unserer heutigen Gesellschaft. Der wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen Michael Lühmann, sagt über die beiden Begriffe:

 

O-Ton 1, Michael Lühmann, 27 Sekunden

Das sind beides hochwichtige Begriffe für gesellschaftliches Zusammenleben, die eigentlich völlig klar in der Gesellschaft verankert sein sollten und die muss man eben offensiv verteidigen, aber solche Werte helfen eben einem auch selbst eine Haltung gegenüber diesen rechten Bedrohungen zu entwickeln und ich glaube das sind so zwei Werte mit denen man eben ganz gut in eine Debatte gehen kann, um diese Demokratie und auch die Moralvorstellung und auch das Grundgesetz und alles, was gesellschaftliches Leben hier ausmacht, zu verteidigen.“

 

Text

Auch die Polizei hat seit einiger Zeit einen Wandel der Straftaten registriert. Das Phänomen des Rassismus ist zwar an sich nichts neues, doch der Tatort verlagert sich immer mehr ins Internet. Die Täter verstecken sich dort hinter der Anonymität des Netzes. Viele Opfer trauen sich dadurch nicht mehr zur Polizei zu gehen. Dabei nehmen Gewaltkriminalität, häusliche Gewalttaten und Beleidigungen zu. In der Gesellschaft wird dadurch permanent ein unterschwelliger Alltagsrassismus spürbar. Das richtige Verhalten der Bürger zeigt der Göttinger Polizeioberrat Jens Kozick auf.

 

O-Ton, Jens Kozick, 30 Sekunden

Also ganz wichtig aus unserer Sicht ist neben dem Zeigen von Zivilcourage eine hohe Anzeigebereitschaft oder Mitteilungsbreitschaft. Für uns ist wichtig, dass uns diese Sachverhalte mitgeteilt werden, dann können wir das prüfen, dann kann es einer entsprechenden Sanktion zugeführt werden auf der einen Seite, auf der anderen Seite hilft es uns aber natürlich auch unser Lagebild darüber zu vervollständigen, mit welchen Menschen wir es hier zu tun haben und wer tatsächlich geneigt ist, Straftaten in diesem politisch motivierten Bereich rechter Natur auch zu begehen.“

 

Text

Neben dem individuellen Verhalten müssen auch die Rahmenbedingungen stimmen, um den Rassismus einzudämmen. Integration ist ein langer Prozess und fordert eine intensive Begegnung mit dem Fremden. Entscheidend dafür ist die Politik vor Ort und eine starke Zivilgemeinschaft. Auch das Hochhalten unserer Erinnerungskultur ist wichtig, denn vieles unserer Geschichte sollte als Warnung und Lehre dienen. Zu der inneren Einstellung sagt Lühmann.

 

O-Ton 3, Lühmann, 32 Sekunden

Immer wieder klarmachen, wenn man Grenzüberschreitungen begegnet, dass das eine Grenzüberschreitung ist, immer wieder klarmachen, dass es gewisse Meinungen gibt, die das nicht sind. Rassismus ist beispielsweise keine Meinung, das ist eben ein sich außerhalb des gesellschaftliches Konsens stellen und das muss man eben dann auch ganz klar so benennen und wichtig ist auch sich zivilgesellschaftlich zu organisieren, auf Demos gehen gegen Rechte, im Internet eben ein bisschen die Augen aufzuhalten und auch mal eine Diskussion zu führen. Das ist glaub ich ganz ganz entscheidend, was dann eben sich in der Haltung ausdrücken muss, die eben diese Demokratie, wie wir sie haben wollen, verteidigt.“

 

Text

Oft hilft auch schon ein kleiner Perspektivwechsel um sich bewusst zu machen, wie sich die Situation für einen selbst anfühlt. Denn niemand möchte wegen seiner Hautfarbe, seines Geschlechts oder seiner Sexualität diskriminiert werden.