Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Emilia Kröger
Datum:
Dauer: 04:13 Minuten bisher gehört: 191
Noch vor einigen Wochen ging es in vielen Einrichtungen und Unternehmen drunter und drüber. Es wurde innerhalb von wenigen Tagen entschieden, verändert und geschlossen. Auch die Kitas, Kindergärten und alle anderen Betreuungsangebote für jüngere Kinder mussten auf einen Notbetrieb umstellen. Wo sonst Kinderschreien, Lachen und Singen erklingt, wurde es ruhig. Das soll sich nun schrittweise wieder ändern. Anfang Mai veröffentliche das Niedersächsische Kultusministerium einen Phasenplan zur Kita-Öffnung. Über die Vorschriften und was Erzieher*innen und Eltern dazu sagen, hören Sie nun einen Beitrag von Emilia Kröger.
Dieser Beitrag wird Ihnen präsentiert von: Das Backhaus

Manuskript

Text

„Leitplanken zum Hochfahren des Kita-Betriebs“, so nannte das Niedersächsische Kultusministerium die umfangreichen Pläne zur Kita-Öffnung. Inzwischen ist die erste Phase des Plans bereits verstrichen, hier war eine Notbetreuung von acht bis zehn Prozent mit zusätzlicher privater Betreuung und Tagesmüttern und -väter vorgesehen. Die nächste Phase läuft seit dem 18. Mai und sieht vor, die Betreuungsquote auf 40 Prozent zu erhöhen. Noch dazu sollen Vorschulkinder an ein bis zwei Nachmittagen in der Woche wieder in die Kita kommen. Im Juni soll auf halbe Gruppengröße aufgestockt und im August der Regelbetrieb erreicht werden. Darauf seien die Erzieher*innen im Kindergarten der Evangelisch-reformierten Gemeinde in Göttingen gut vorbereitet, sagt Erzieher Henrik tom Dieck. Er und seine Kolleginnen treffen sich wöchentlich, um die Aufteilung auf die Kleingruppen und die Umsetzung der Vorschriften zu organisieren. Doch herausfordernd blieben die Maßnahmen trotzdem.

 

O-Ton 1, Henrik tom Dieck, 34 Sekunden

Halt Sachen, die die pädagogische Arbeit betreffen, davon ist vieles schwer umzusetzen. Wir versuchen uns damit zu arrangieren, aber Singen und Körperkontakt und so was gehört auch für Kinder, untereinander vor allem, zum Kindergartenalltag. Uns fällt es schwer, diese wirklich, wirklich langen Vorschriften zu lesen und zu verstehen. Und vor allen Dingen sie in jedem Moment präsent zu haben. Unseren Kindern fällt es damit natürlich noch tausendmal schwerer. Wir versuchen ihnen das beizubringen, aber es sind Kinder und sie werden nicht in jedem Moment die Verantwortung verstehen, die gerade auf ihnen lastet.“
 

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Um die Hygiene-Vorschriften den Kindern zu vermitteln, helfe es diese zu ritualisieren, so tom Dieck. Egal ob Lieder oder Abläufe beim Händewaschen oder die Niesetikette – wenn Kinder regelmäßig bestimmten Ritualen im Alltag begegnen, fällt es ihnen leichter, das in ihr eigenes Verhalten zu übernehmen. Diese Hygiene-Maßnahmen und neue pädagogische Konzepte seien soweit noch planbar, so tom Dieck. Wie die Kinder mit den ungewohnten Situationen umgehen, das sei jedoch nicht voraussehbar.
 

O-Ton 2, Henrik tom Dieck, 26 Sekunden

Es gibt ja auch die Regelung, dass die Eltern nicht mehr in [den]Kindergarten kommen. Das ist für uns natürlich eine Erleichterung, weil es ein Risiko minimiert, andererseits ist es für die Kinder sehr viel schwerer. Denn die Vorbereitung auf diese neue Abschiedssituation ist schwer. Auf solche, sich aus der neuen Situation ergebenden, völlig neuen Situation für die Kinder können wir uns nicht vorbereiten. Wir können nur gucken, wie wir damit umgehen, wenn es dann soweit ist.“
 

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Auch für die Eltern haben die letzten Wochen eine große Herausforderung dargestellt. Für sie gehe die Wiederöffnung der Kitas nicht schnell genug, so Andrea Petersen, deren Tochter den Kindergarten der Evangelisch-reformierten Gemeinde besucht. Ein wenig Erleichterung verspüre sie zwar, jedoch möchte sie ihrer Tochter endlich wieder einen geregelten Alltag und pädagogische Betreuung bieten, die ihr gerecht wird. Denn das, was Petersen zurzeit am meisten beschäftigt, sind die Auswirkungen der Umstände auf das Verhalten ihrer Tochter:

 

O-Ton 3, Andrea Petersen, 34 Sekunden

Ich merke, wie sich das Wesen meines Kindes verändert. Und sie ist nicht mehr so offen und fröhlich, sie klammert unfassbar, sie möchte auch nicht mehr in den Kindergarten und sagt auch selbst, dass es mit mehr Kindern sehr viel mehr Spaß macht. Also das finde ich erschreckend, wie jetzt nach einigen Wochen wirklich zu merken ist, dass die Kinder das sehr beschäftigt. Auch wenn wir versuchen, natürlich das möglichst kindgerecht zu erklären. Aber der ganze Alltag ist einfach anders und ich merke, dass sie das zunehmend schwer verarbeitet.“
 

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Neben der Sorge um die Auswirkung auf ihre Kinder gibt es jedoch noch etwas, das Eltern sowie Erzieher*innen zurzeit besonders beschäftigt: Die fehlende finanzielle Unterstützung. Für die Eltern brauche es eine finanzielle Lösung, um die Einbußen der letzten Monate tragen zu können. Und der Erzieher tom Dieck hofft, dass diese Krise endlich eine angemessenere Bezahlung für viele Berufe bringt, die gesellschaftlich immer noch nicht genügend wertgeschätzt werden.